Auf Hildegard Burjans Spuren in Berlin
Von 9. -11. 10. 2017 begab sich Sr. Susanne Krendelsberger CS mit vier Mitschwestern auf Spurensuche der Gründerin der Caritas Socialis, Hildegard Burjan in Berlin.
Berlinbesuch der Caritas Socialis Schwestern
CS Schwestern besuchten das Haus des Ordinariats des Erzbistums Berlin. Dort befand sich einst das St. Josephs Krankenhaus, in dem Hildegard Burjan getauft wurde. Stefan Förner von der Pressestelle der Erzdiözese Berlin führte durch das Haus in der Niederwallstraße. In der ehemaligen Kapelle ist heute das Archiv der Erzdiözese Berlin untergebracht. Anschließend besuchten die Schwestern das St. Hedwigs Krankenhaus, wo Sr. Waltraud Schnitker von den Borromäerinnen das Krankenzimmer Hildegard Burjans zeigte. Im Archiv des Krankenhauses befinden sich Eintragungen zum Krankenhausaufenthalt Hildegard Burjans. Ein Raum wurde nach Hildegard Burjan benannt. Weitere Stationen des Berlinbesuchs waren das Frauenbundhaus in der Wundtstraße und das Wohnhaus der Burjans in der Sybelstraße.
Hildegard Burjan, Berliner Spuren
Hildegard Burjan (1883-1933), als Jüdin geboren in Görlitz, lebte zunächst 1895-1899 in Berlin, wo sie das Mädchen-Lyzeum Charlottenschule besuchte. 1899 übersiedelte sie nach Zürich, wo sie nach dem Abitur als eine der ersten Frauen Philosophie, Germanistik, Anglistik und später Sozialökonomie studierte. Danach kam sie 1905 mit ihrem späteren Ehemann Alexander Burjan wieder nach Berlin, wo sie in der Sybelstraße 61 wohnte. Sie setzte ihre Studien an der Universität Berlin fort und erkrankte 1908 an einer schweren Nierenerkrankung, die mehrere Operationen im St. Hedwigs Krankenhaus nötig machte. In der Karwoche 1909 erschien ihre Lage aussichtslos, jedoch schloss sich am Ostersonntag 1909 wider Erwarten die Wunde und Hildegard Burjan konnte bald darauf als geheilt entlassen werden. Der lange Aufenthalt im Krankenhaus führte zu einer Wende im Leben Hildegard Burjans. Sie fand zum Glauben und ließ sich am 11. 8. 1909 in der Kapelle des St. Josephs Krankenhauses Niederwallstraße 8-9 taufen. Taufpriester war P. Rauterkus SJ, Taufpatin Anna Weltmann, Gründerin der sozialen Frauenschule (Helene Weber Schule), Führerin des katholischen Frauenbundes Berlin. Damit im Zusammenhang steht die spätere Entsendung von CS Schwestern in das Frauenbundhaus in der Wundtstraße (1928-1947). 1909 zog Hildegard Burjan mit ihrem Mann nach Wien, wo sie sich schon bald sozial zu engagieren begann.
Sozialpionierin und Politikerin der ersten Stunde im österreichischen Parlament
Tatkräftig, innovativ und mutig beschritt Hildegard Burjan in Wien neue Wege der sozialen Hilfe - als erste weibliche Abgeordnete der christlich sozialen Partei im österreichischen Parlament (1919-1920) und als Gründerin der Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis (1919). Hildegard Burjan gründete den Verein der Heimarbeiterinnen Wiens, um gemeinsam die Arbeitsbedingungen dieser Frauen zu verbessern, gerechte Löhne zu verhandeln, Bildung und Absicherung im Krankheitsfall zu ermöglichen. Gleichzeitig zeigte sie wohlhabenden Frauen ihre Verantwortung beim Einkauf auf: „Kaufen wir nur bei gewissenhaften Kaufleuten, drücken wir nicht so sehr die Preise, verlangen wir von Zeit zu Zeit von den Fabrikanten Rechenschaft über den Ursprung der Waren! Nur zu oft ist es die wohlhabende Frau, die die Kaufleute zwingt, zu unmöglichen Bedingungen zu liefern und dies geschieht immer auf Kosten der armen Heimarbeiterinnen." Ein sehr moderner Gedanke – den heute die Fair Trade Bewegung vertritt. Hildegard Burjan gründete das erste Mutter Kind Heim in Wien, setzte sich gegen Kinderarbeit und für Mädchenschulbildung ein. Beispielgebend und mehr als aktuell ist ihr politischer Einsatz über die Parteigrenzen hinweg. Gemeinsam mit ihren sozialdemokratischen Kolleginnen setzte sie das Hausgehilfinnengesetz durch. Es zeichnet sie aus, dass sie um der der Sache willen das Verbindende suchte. 1919 gründet sie die Caritas Socialis, eine Gemeinschaft von sozial engagierten Frauen. In dieser neuen Gemeinschaftsform in der katholischen Kirche geht es ihr um eine gute Balance zwischen sozialem Engagement und dem „zur Ruhe finden bei Gott". Hildegard Burjan starb 1933 im Alter von 50 Jahren. Am 29. 1. 2012 wurde Hildegard Burjan seliggesprochen.
Die Caritas Socialis (CS)
wurde 1919 von Hildegard Burjan als geistliche Gemeinschaft von Frauen in der katholischen Kirche gegründet. Mit der CS identifizieren sich Schwestern, Mitglieder des Säkularkreises, Externe Mitglieder (MECS), haupt- und ehrenamtliche MitarbeiterInnen, Freunde und WeggefährtInnen. In Wien bietet die CS Caritas Socialis professionelle Pflege und Betreuung für alte und chronisch kranke Menschen an – stationär, in Tageszentren, im CS Hospiz Rennweg, in Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz und zu Hause. Die CS führt Kindergärten und Horte, das CS Haus für Mutter und Kind, eine Beratungsstelle und ein Urlaubshaus und engagiert sich für Menschen auf der Flucht und in SOLWODI Österreich, einer Initiative von sechs Ordensgemeinschaften gegen Menschenhandel. In Brasilien ist die CS für ein Familiensozialzentrum und die Kinderpastoral der Diözese Guarapuava verantwortlich. CS Schwestern arbeiten in eigenen und anderen sozialen und kirchlichen Einrichtungen und sind in Österreich, Brasilien, Deutschland und Südtirol vertreten.
Weitere Informationen: www.hildegardburjan.at
>> Das Erzbistum Berlin berichtet in Tag es Herrn und auf der Website